So adorable

Dem Sinn des Daseins auf der Spur

Sie brauchen eigentlich keine Vorstellung, denn ihre Sendung gehört zu den beliebtesten Wissenschaftspodcasts der letzten Jahre. Noch dazu brauchen sie keine Fürsprache durch eine von niemandem gelesene Blogger-Tante, die ihrer Zeit heillos hinterherhumpelt.

Warum ich trotzdem schreibe? Weil ich so unfassbar verliebt bin in den wunderbaren Podcast “Rätsel des Unbewussten” von Dr. Cécile Loetz und Dr. Jakob Müller.

Hier haben zwei Psycholog*innen und Psychoanalytiker*innen aus dem Vollen ihrer praktisch-psychotherapeutischen und wissenschaftlichen Tätigkeit geschöpft und etwas ganz besonderes geschaffen:

In mittlerweile 58 Folgen (Stand Januar 2021) zeichnen sie ein gut verständliches und zugleich erstaunlich lebensnahes Bild des komplexen Therapiegebäudes namens Psychoanalyse. Sie verschweigen dabei nicht, dass es “die Psychoanalyse” eigentlich nicht gibt und schaffen es dennoch mühelos, durch Betonung der Gemeinsamkeiten in den verschiedenen theoretischen Strömungen “die Psychoanalyse” als eine in sich kohärente Gedankenwelt darzustellen.

Anders als die meisten Podcasts, die ich kenne, sind die Folgen sämtlich geskriptet, also vorformuliert, und können ihre argumentative Welle daher in ziemlich anachronistischer Gemächlichkeit aufbauen.

Dabei formulieren Loetz und Jacob nicht nur wohlgesetzt, differenziert und – anders als die Autorin – frei von jeder Polemik, sondern vor allem in einer zum Heulen schönen Sprache. Berührende Formulierungen, schlaue Inhalte und super angenehme Stimmen sind für mich die ultimative Kombi, um ein Fest für Ohren, Herz und Geist zu schmeißen.

Ich genieße die dem Zeitgeist so zuwiderlaufende Langsamkeit, Komplexität und Gutartigkeit des Podcasts so sehr, dass ich alle Folgen schon zweimal gehört habe und mich nun auf die dritte Runde freue.

Die Texte sind neben einem fundierten fachlichen Wissen durchdrungen von einer im besten Wortsinn humanistischen Weltsicht. “Liebevoll” schreibt eine Hörerin im Review. Da stimme ich voll und ganz zu.

Die Analytiker*innen schlagen in fast immer den Bogen vom Individuum zur Gesellschaft und zu den großen, existenziellen Fragen der Menschheit.

Jede Folge fühlt sich an wie eine maximal gelungene Mischung aus altmodischer Vorlesung und Philosophie-Klausur im Leistungskurs der Klasse 13 (das ist als Kompliment gemeint). Dabei erliegen sie niemals der Versuchung, ins Dozieren oder gar Belehren zu verfallen.

Und erfreulicherweise ist der Podcast auch frei von dem in psychoanalytisch-theoretischen Schriften gerne wahrgenommenen Drang, den intellektuellen Penis auf den Tisch zu legen und zu zeigen, wieviele Fremdwörter man so kennt.

Auf ihrer Patreon-Seite schreiben die Doktores:

“Unser Anspruch ist, die Komplexität der Themen beizubehalten, zugleich aber alltagsnah und gut verständlich zu vermitteln.”

Das ist ihnen in jeder einzelnen Folge ziemlich gut gelungen.

Die Idee und ihre Umsetzung sind übrigens so überzeugend, dass der Podcast – obwohl erst im August 2018 ins Leben gerufen – bereits im November 2018 mit dem Förderpreis der Stiftung der DPV (Deutsche Psychoanalytische Vereinigung) ausgezeichnet wurde.

Möglicherweise ist auf einer subliminalen Ebene ja rübergekommen, dass ich ein Fan-Girl (in der Welt der Autor*innen: eine Rätsel-Freundin) bin.

Meine Botschaft an die Welt: ich will mehr Podcasts wie diesen! Und vielleicht kann ich auch Dich überzeugen, mal reinzuhören.

Bild oben von Gerd Altmann auf Pixabay

Weiterführende Literatur